Fakenews – Wie dekonstruiere ich meine Filterblase

Fakenews und Filterblase, zwei häufig verwendete Begriffe aktueller Schlagzeilen und Medienanalysen. Weshalb die Diskussion bezüglich diesem Thema am Problem vorbei geht und wie ich als Informationkonsument damit umgehen kann, versuch ich in diesem Beitrag skizzenhaft zu beantworten.

Nach der Wahl Donald Trumps zum Präsident der Vereinigten Staaten sass der Schock  bei Medienschaffenden, Experten und der „liberalen politischen Elite“ tief. Die Suche nach dem Warum beschäftigt seit dem 11/9 die Analysten und Kommentatoren, die uns in Erklärungsnot im Stundentakt mit unausgegorenen Theorien bombardieren. Im Zentrum einer dieser Theorien steht der Begriff Fakenews – falsche Nachrichten und die sozialen Medien.

Die verbreitete These ist, dass mittels Facebook und andere Kanälen gezielt Falschinformation verbreitet wurde um in der Gunst der Wähler zu steigen und diese bei der Stange zu halten. In dieser Filterblase (Unwort des Jahres!!!) vom Rest der Welt unbemerkt habe Trump so eine Bewegung hinter sich gesammelt, die ihm zum Sieg verhalf.

Die Verbreitung von Falschinformation um bestimmte Ziele zu erreichen ist als Phänomen nichts Neues und wird in der Regel Propaganda genannt. Die Propaganda an sich interessiert an dieser Stelle nicht, da sie von untergeordneter Bedeutung ist und ihre Wirkung umstritten ist. Die Wahl Trumps ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen.

Symptomatisch für die Diskussion ist bereits der obligate und mahnende Fingerzeig Richtung Facebook, Twitter und Google, die Suche nach einer technischen Lösung und das selbst mitleidige Jammern über den post faktischen Zustand des Diskurses. In meinen Augen der komplett falsche Ansatz. Am Ende ist jeder Einzelne von uns selber verantwortlich für seinen Informationskonsum, wir entscheiden welche Bedeutung wir einer Nachricht beimessen,  wir diese diese interpretieren und wie wir uns von ihr beeinflussen lassen.

Ob der Wille zum kritischen und reflektieren Lesen vorhanden ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Entscheidest du dich dafür, gibt es verschiedenste Methoden und Vorgehen um einen Text auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Eine mögliche Methode möchte ich hier vorstellen und erläutern. Sie ist von mir formuliert, inspiriert durch eine Diskussion auf einem Onlineportal.

diskussion-fakenews

(Quelle: watson.ch)

ISAQ

Fakenews einfach entlarven!

Ich nenne mein Verfahren ISAQ was sich aus folgenden Begriffe zusammensetzt:

  • Inhalt
  • Struktur und Form
  • Autor
  • Quellen

Information ist heute mit dem Internet zu einem Fastfoodprodukt geworden. Statt Tageszeitung und Bücher benötige ich heute lediglich Google, um Zugang zur ganzen Welt zu erhalten. Der Zugang zu Information ist aber nicht nur einfach und schneller, die Quantität an Information nimmt exponentiell zu, mit ihr auch die Qualitätsunterschiede. Das ISAQ Verfahren soll hierbei eine Grundstruktur zur Beurteilung der Qualität einer Nachricht anbieten und baut auf der Quellenkritik auf, welche wir beispielsweise aus den Geschichtswissenschaften kennen. Dem Verfahren liegt ein relativer Wahrheitsbegriff zu Grunde, d.h. der Wahrheitsgehalt einer Aussage ist in der Regel relativ und abhäng von verschiedenen Faktoren, welche im Verfahren berücksichtigt werden.

Inhalt

Erster Schritt des kritischen Lesens eines Textes ist immer die Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Textes. Was steht überhaupt in diesem Artikel und verstehe ich das geschriebene ist die erste zentrale Frage. Das Zusammenfassen des Inhaltes in eigenen Worten kann für das Textverständnis sehr hilfreich sein. Es geht darum dem Text anhand folgender möglicher Fragen kennen zulernen:

  • Womit beschäftigt sich der Text?
  • Welche Fragen stellt der Text?
  • Welche Thesen vertritt der Text?
  • Was sind die Kernaussagen des Textes?

Struktur und Form

Entscheidend für die Interpretation und Beurteilung eines Textes ist nicht nur der Inhalt eines Textes, sondern auch wie dieser strukturiert und formuliert ist. Oder um das vorherige Beispiel aufzugreifen, nicht nur die Persönlichkeit sondern auch das Aussehen einer Person ist entscheidend dafür, ob wir eine Person in der besagten Bar näher kennen wollen oder nicht. Wir müssen uns folglich nicht nur Fragen was in einem Text drin steht, sondern auch darüber Gedanken machen wie es formuliert und ob das Geschrieben in dieser Art und Weise überhaupt Sinn macht.

  • In welcher Sprache ist der Text formuliert?
  • Verfügt der Text über einen logischen Aufbau?
  • Werden die gestellten Fragen beantwortet?
  • Werden die formulierten Thesen und Kernaussagen begründet?

In den ersten beiden Schritten des Verfahren legen wir ein Raster über den Text womit wir das Innere des Textes kartographieren. Damit erschliessen wir und sind zugleich in der Lage den Text zu beurteilen. Sind die vom Text gestellten Fragen und Thesen klar und stringent formuliert erfüllt der Text bereits einige Qualitätskriterien. Ergeben Fragen und Thesen jedoch keinen Sinn, so ist der ganze Text mit Vorsicht zu geniessen.
Gerade bei schwierig formulierten oder längeren Texten kann es Sinn machen mittels graphischer Darstellung dem Text zu erfassen. Was in etwa so aussehen könnte:

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Hierbei handelt  es sich um eine Visualisierung der Argumentationsschritte der Einleitung der Kritik der reinen Vernunft von Immanuel Kant. Es dient an dieser Stelle lediglich als Anschauungsbeispiel. Fällt die Visualisierung des Textes schwierig und lassen sich einzelne Argumente mit anderen nicht verbinden bzw. sind diese unbegründet, so ist dies ein sicheres Zeichen dafür, dass ich entweder den Inhalt des Textes noch nicht verstanden habe oder in der Argumentation ein Fehler vorhanden ist

Ziel einer inneren Textanalyse ist es immer für den Text wesentliche inhaltliche und formale Elemente zu erfassen und zu beurteilen. Als ob ein Haus gedanklich auseinander nehme um den Bauplan zu rekonstruieren um die Qualität des Hauses zu beurteilen.

Autor

Nachdem wir das Innere eines Textes erfasst und beurteilt haben müssen wir den Text in einem weiteren Schritt auch nach äusseren Gesichtspunkten beurteilen. Ein guter Ausgangspunk hierbei ist der Autor oder die Autoren eines Textes. Wir fragen folglich nach jener Person die den Text  geschrieben hat:

  • Wer ist der Autor und in welcher Funktion schreibt er diesen Text?
  • Welchen Hintergrund hat der Autor?
  • In welcher Beziehung zum Thema steht der Autor?
  • Welche Absicht verfolgt der Autor mit dem Text?

Damit lässt sich der Text aus der Sicht des Schreibenden kontextualisieren. Anhand der gestellten Fragen können wir in etwa abschätzen was der Schreibende aus welchem Grund für welchen Zweck geschrieben hat. Ein Roger Köppel, Chefredaktor der Weltwoche wird ganz anders über Asylthemen und mit einer ganz anderen Absicht schreiben, als Susan Boos, Redaktionsleiterin der WOZ.

Der Autor einer Nachricht hat immer Einfluss auf den Inhalt seiner Nachricht, sein Weltbild beeinflusst seine Nachricht und ist immer nur dann verständlich, wenn wir dessen Perspektive einnehmen können. Ist der Autor eines Artikels nicht ersichtlich, ist die Glaubwürdigkeit einer Nachricht bereits in Frage zu stellen.

Quellen

Der letzte Schritt ist vielleicht der entscheidendste. Er kontextualisiert den Text nicht nur bezüglich dem Autor, sondern auch bezüglich dem Medium und dem im Text verwendeten Informationen. Entscheiden ist folglich nicht nur wer den Text geschrieben hat, sondern auch wo dass er publiziert wurde. Möchte ich mich beispielsweise über eine Krankheit informieren, so die Seite eines Universitätsspital vielleicht die bessere Adresse sich zu informieren, als irgendein Onlineportal für Selbsthilfegruppen.

Neben dem Text an sich, welcher bereits selbst eine Quelle ist und deren Analyse wir in Punkt Eins bis Drei vollzogen haben, müssen wir die im entsprechenden Text verwendeten Quellen und Querverweise ebenfalls überprüfen. D.h. die im Text vewedente externe Information muss verifiziert werden. Behaupte ich beispielsweise, dass Ausländer prozentual krimineller sind als Schweizer, so muss diese Behauptung mit entsprechenden Quellen des Bundesamts für Statistik belegen. Ansonsten behaupte ich einfach irgendetwas.

Ähnlich verhält es sich mit Bildern. Wenn ich in einem Artikel Bilder verwende, muss ich auch ausweisen können  woher das Bild stammt. Genau so verhält es sich mit Studien, Umfragen oder Interviews. Versäumt es der Autor seine Quellen zu nennen oder kann er dies nicht, ist bereits Vorsicht geboten. Stammen die Quellen alle aus dem selben Umfeld, aus einer Studie oder einer einzigen Untersuchung, liegt die Vermutung nahe, dass der entsprechende Aussagen möglicherweise zu einseitig formuliert sind.

Für die Aussagekraft eines Textes ist die Qualität, Quantität und die Diversität der verwendeten Quellen entscheiden.

Die Anwendung

Entschärfe die Bombe

Nach dieser skizzenhaften Formulierung des ISAQ Verfahrens wollen wir dieses exemplarisch am Onlineartikel „Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt“ erschienen am 3.12.2016 im „Das Magazin. Für diese Analyse verwende ich Screenshots aus dem genannten Text und zitiere einzelne Passagen..

Ausgangslage

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In der Einleitung erfahren wir worum es geht. Die Hauptperson der Geschichte ist ein Forscher für Psychometrik, eine Verbindung zwischen Psychologie und Informatik. Zum ersten mal wird eine Verbindung zwischen dem Forscher Michal Kosinski und der Wahl Trumps angedeutet. Bezüglich der Analyse der Quelle erscheint der genannte Forscher von Bedeutung zu sein.

Am gleichen Tag versendet eine bis dahin kaum bekannte britische Firma mit Sitz in London eine Pressemitteilung: «Wir sind begeistert, dass unser revolutionärer Ansatz der datengetriebenen Kommunikation einen derart grundlegenden Beitrag zum Sieg für Donald Trump leistet», wird ein Alexander James Ashburner Nix zitiert. Nix ist Brite, 41 Jahre alt und CEO von Cambridge Analytica.

Ein weiterer Spieler betritt die Bühne, Cambridge Analytica die über ihren Beitrag an der Wahl berichtet. Gemäss der Aussage des CEO habe ein „unser revolutionärer Ansatz der datengetriebenen Kommunikation einen derart grundlegenden Beitrag zum Sieg für Donald Trump leistet“, so auch die vom Magazin weiterfolgte These.

Die Rolle von Big Data

Denn hinter Trumps Onlinewahlkampf und auch hinter der Brexit-Kampagne steckt ein und dieselbe Big-Data-Firma: Cambridge Analytica mit ihrem CEO Alexander Nix. Wer den Ausgang der Wahl verstehen will – und was auf Europa in den nächsten Monaten zukommen könnte –, muss mit einem merkwürdigen Vorfall an der britischen Universität Cambridge im Jahr 2014 beginnen. Und zwar an Kosinskis Department für Psychometrik

Hier wird die Verbindung zwischen Trump und dem Brexit gezogen, im Mittelpunkt  der Forscher und die Firma aus Cambridge. Eine kurze Recherche zeigt zwar, dass gemäss dem Wikipediartikel der Firma diese sowohl für Trump, wie auch für Ted Cruz und die Brexit Campagne gearbeitet hat. Die erste Seite der Google Suche mit den Begriffen „Cambridge Analytica“ und „Brexit“ ergibt nur Treffer zum diskutierten Artikel und der möglichen Bedeutung der Firma für den Wahlausgang Trumps. Erst die zweite Seite liefert einige Artikel zum gesuchten Thema.

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Der erste Artikel im Spectator ist ebenfalls aus dem Dezember und beleuchtet wie Wahl Trumps gewann retrospektiv. Erst im Zweiten gelisteten Artikel wird vom Engagement von Cambridge Analytica für Team Trump berichtet, nachdem die Firma zuerst für die Kampagne von Ted Cruz und Ben Carson gearbeitet hat, um den Transfer anschliessend medial zu inszenieren. Die präsentierten Informationen bezüglich Aktivität von Cambridge Analytica stammen bis zu diesem Punkt alle aus dem Umfeld  der Firma selbst oder beziehen sich mehrheitlich auf die neusten Ereignis rund um den Wahlsieg Trumps.

Die Verbindung von persönlichen Daten und psychologische Analyse

Psychometrie, manchmal auch Psychografie genannt, ist der wissenschaftliche Versuch, die Persönlichkeit eines Menschen zu vermessen. In der modernen Psychologie ist dafür die sogenannte Ocean-Methode zum Standard geworden. Zwei Psychologen war in den 1980ern der Nachweis gelungen, dass jeder Charakterzug eines Menschen sich anhand von fünf Persönlichkeitsdimensionen messen lässt, den Big Five: Offenheit (Wie aufgeschlossen sind Sie gegenüber Neuem?), Gewissenhaftigkeit (Wie perfektionistisch sind Sie?), Extraversion (Wie gesellig sind Sie?), Verträglichkeit (Wie rücksichtsvoll und kooperativ sind Sie?) und Neurotizismus (Sind Sie leicht verletzlich?). Anhand dieser Dimensionen kann man relativ genau sagen, mit was für einem Menschen wir es zu tun haben, also welche Bedürfnisse und Ängste er hat, und aber auch, wie er sich tendenziell verhalten wird. Das Problem aber war lange Zeit die Datenbeschaffung, denn zur Bestimmung musste man einen komplizierten, sehr persönlichen Fragebogen ausfüllen. Dann kam das Internet. Und Facebook. Und Kosinski.

In diesem Abschnitt wird die Verbindung zwischen dem psychologischen Ocean-Methode und sozialen Medien gezogen. Diese lässt sich anhand folgende fünf Fragen zusammenfassen:

  • Wie aufgeschlossen sind Sie gegenüber Neuem?
  • Wie gesellig sind Sie?
  • Wie perfektionistisch sind Sie?
  • Wie rücksichtsvoll und kooperativ sind Sie?
  • Sind Sie leicht verletzlich?

Gemäss Wikipedie ist die Methode wissenschaftlich belegt und in über 3000 wissenschaftlichen Untersuchungen angewendet worden.

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Die psychologische Methode scheint im vorhandenen Fall eine plausible Möglichkeit darzustellen, die Persönlichkeit einzelner Wählenden analysieren zu können. Die Frage scheint eher zu sein ob Facebook oder andere Internetapplikationen das Ausfüllen seriöser Frage ersetzen kann, wie also die technische Umsetzung der Methode aussieht. Dafür müssen wir im Artikel weiter lesen. Das Analyseverfahren ist eigentlich einfach erklärt, die Fragebögen werden durch Onlinequiz ersetzt.

Die Methode technisch umgesetzt:

Zuerst legt man Testpersonen einen Fragebogen vor. Das ist das Onlinequiz. Aus ihren Antworten kalkulieren die Psychologen die persönlichen Ocean-Werte der Befragten. Damit gleicht Kosinskis Team dann alle möglichen anderen Onlinedaten der Testpersonen ab: was sie auf Facebook gelikt, geshared oder gepostet haben, welches Geschlecht, Alter, welchen Wohnort sie angegeben haben. So bekommen die Forscher Zusammenhänge. Aus einfachen Onlineaktionen lassen sich verblüffend zuverlässige Schlüsse ziehen. Zum Beispiel sind Männer, die die Kosmetikmarke MAC liken, mit hoher Wahrscheinlichkeit schwul. Einer der besten Indikatoren für Heterosexualität ist das Liken von Wu-Tang Clan, einer New Yorker Hip-Hop-Gruppe. Lady-Gaga-Follower wiederum sind mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit extrovertiert. Wer Philosophie likt, ist eher introvertiert

Die angebliche Wirkung der Methode:

2012 erbringt Kosinski den Nachweis, dass man aus durchschnittlich 68 Facebook-Likes eines Users vorhersagen kann, welche Hautfarbe er hat (95-prozentige Treffsicherheit), ob er homosexuell ist (88-prozentige Wahrscheinlichkeit), ob Demokrat oder Republikaner (85 Prozent). Aber es geht noch weiter: Intelligenz, Religionszugehörigkeit, Alkohol-, Zigaretten- und Drogenkonsum lassen sich berechnen. Sogar, ob die Eltern einer Person bis zu deren 21. Lebensjahr zusammengeblieben sind oder nicht, lässt sich anhand der Daten ablesen. Wie gut ein Modell ist, zeigt sich daran, wie gut es vorhersagen kann, wie eine Testperson bestimmte Fragen beantworten wird. Kosinski geht wie im Rausch immer weiter: Bald kann sein Modell anhand von zehn Facebooks-Likes eine Person besser einschätzen als ein durchschnittlicher Arbeitskollege. 70 Likes reichen, um die Menschenkenntnis eines Freundes zu überbieten, 150 um die der Eltern, mit 300 Likes kann die Maschine das Verhalten einer Person eindeutiger vorhersagen als deren Partner. Und mit noch mehr Likes lässt sich sogar übertreffen, was Menschen von sich selber zu wissen glauben. Am Tag, als Kosinski diese Erkenntnisse publiziert, erhält er zwei Anrufe. Eine Klageandrohung und ein Stellenangebot. Beide von Facebook.

Die hier präsentierten Verbindungen erscheinen im ersten Moment plausibel, konkrete Verweise zum Nachweis, dass Kosinski mittel Analyse von Facebooklikes ein Persönlichkeitsprofile des User erstellen könnte, gibt es keine direkte. Jedoch ist weiter unten im Text ein Link zu Kosinskis Anwendung vorhanden, welche ich selbst getestet habe. Teile des Resultat stelle ich hier zur Verfügung. Anhand von 9 Likes lässt sich meine Persönlichkeit wie folgt beschreiben:

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Die entsprechende APP verwendet für die Charakterisierung meiner Persönlichkeit 9 Likes, entsprechend den Magazintext sind jedoch mindestens 50 Likes nötig. Trotzdem können wir anhand des Ergebnis einige Tendenzen und Mechanismen feststellen:

  • Für die Genauigkeit der Methode ist die Qualität und die Qualität der Daten entscheidend. Je genauer und umfangreicher ich meine Interessen auf Facebook mittels Likes, Kommentare Statusmeldungen und gefolgten Inhalte offenbare, desto präziser ist die Analyse.
  • Die Methode baut auf der Annahme auf, dass das Profil auf Facebook ein Spiegel der Persönlichkeit betrachten lässt. Was wir im Internet jedoch preis gegeben und wie wir uns darstellen, muss nicht zwingend der Realität entsprechen.  Einerseits können sich Interessen einer Person ändern, andererseits kann sich diese in der virtuellen Welt anders als der Realität entsprechend darstellen.
  • Die Methode baut auf einem Subjekt bezogenes Persönlichkeitsmodell auf.

Gefaked? – Eine Frage des gesunden Menschenverstandes

Ob etwas gefaked ist oder nicht erkennen wir in der Regel ziemlich einfach. Viel entscheidender ist ob wir Willens sind, unseren gesunden Menschenverstand anzuwenden. Fehlt der Wille zum kritischen Lesen, helfen auch technische Lösungen zur Identifikation von falschen Informationen nicht. Weil es den Konsumenten nicht interessiert ob die Nachricht stimmt oder nicht, solange diese ihr Weltbild bestätigt.

Gerade die Medien und wir selbst müssen uns an der Nase nehmen. Wenn wir uns nicht manipulieren lassen wollen, dann müssen wir kritischer lesen und kritischer Informationen einholen. Medienschaffende können ihrerseits den Prozess erleichtern, indem sie transparenter und fundierter berichten, statt nur Clicks generieren zu wollen.

Weiters Fallbeispiel: Das Pizzagate, Clinton und Trump

 Quellen und weiterführende Artikel

Ein Kommentar zu „Fakenews – Wie dekonstruiere ich meine Filterblase

  1. ISAQ gefällt mir sehr gut. Es ist eine leicht verständliche und einfach anwendbare Formel, „zur Beurteilung der Qualität einer Nachricht“. Leider mit dem etwas faden Beigeschmack, dass es ohne etwas gutem Willen und gesunden Menschenverstand leider nicht funktioniert. Und natürlich lässt sich ISAQ auch auf den Text anwenden, der ISAQ einführt. Also los!

    Im Titel wird ein Verfahren versprochen. „Wie dekonstruiere ich meine Filterblase“. Das wirft gleich mehrere Fragen auf:
    1. Was ist konkret eine Filterblase?
    Es ist offenbar das „Unwort des Jahres“. Im Text wird der Begriff nur einmal im Zusammenhang mit Trump-Anhängern verwendet, die sich „vom Rest der Welt unbemerkt“ in einer von Fakenews überfluteten Filterblase versammelt hätten.
    2. Ist ISAQ tatsächlich geeignet, „meine Filterblase“ zu dekonstruieren?
    3. Wer ist gemeint mit „meine“? Ich? Du? Die Anderen? Oder wir alle? Oder nur diejenigen, die a) über gesunden Menschenverstand verfügen, und b) willens sind, diesen anzuwenden?
    Letztlich bleibt eine Art Heilsversprchen, dass man durch konsequente Anwendung von ISAQ „seine Filterblase“ dekonstruieren und man sich so aus ihr befreien könne. Denjenigen, die weiterhin in Blasen leben, fehlt entweder der Wille, oder der gesunde Menschenverstand, weil es diese „Konsumenten nicht interessiert, ob eine Nachricht stimmt oder nicht, solange diese ihr Weltbild bestätigt“.

    Eine Antithese lautet: ISAQ konstruiert eine Filterblase und sperrt dich darin ein.

    4. Was heisst „vom Rest der Welt unbemerkt“? Wer ist dieser Rest?
    Man könnte glauben, die eine grosse Mehrheit lebt in einer Blase, währenddessen alle Anderen „im Rest der Welt“ wohnen, wo vermutlich auch die geschockten „Medienschaffenden, Experten und liberale politische Elite“ zuhause sind.

    Empirische Begründung: Der „Rest der Welt“ besteht auch aus Filterblasen. Die Medienschaffenden, Experten und liberale politische Elite wendet ISAQ-ähnliche Qualitätskriterien standardmässig an, womit sie sich ihre eigene Filterblase konstruiert und sich selber darin eingebunkert haben.

    Quelle (mit aufregenden Filterblasenbilder):
    https://news.vice.com/story/journalists-and-trump-voters-live-in-separate-online-bubbles-mit-analysis-shows

    Insofern meine ich, dass das Titel-Versprechen nicht erfüllt wird. Im Gegenteil. ISAQ, so wie beschrieben, scheint mir eher dazu geeignet, sich eine Filterblase zu konstruieren und sich dort gemeinsam eingesperrt mit geschockten Medienschaffenden, Experten und Liberalen wiederzufinden.

    Macht also „das Geschriebene in dieser Art und Weise überhaupt Sinn“?

    Natürlich ist es sinnvoll, eine einfache Merkregel zur Hand zu haben, um Fakenews zu erkennen oder Propaganda als solche zu entlarven. Dazu eignet sich ISAQ meines Erachtens vorzüglich. Es lohnt sich daher, sich die Eselsbrücke zu merken.

    5. Was haben Fakenews mit der Konstruktion oder Dekonstruktion von Filterblasen zu tun? Wo ist der Zusammenhang?
    Meines Erachtens sind die „vom Text gestellten Fragen und Thesen“ nicht „klar und stringent formuliert“. Diesbezüglich „ist der ganze Text mit Vorsicht zu geniessen“, weil die hier gestellten „Fragen und Thesen keinen Sinn“ ergeben. Oder einen anderen.

    Ich meine, der Widerspruch liegt in der vielleicht falschen Annahme, dass die Welt mehr oder minder zweigeteilt sei. Einserseits ISAQ-Anwender, die Fakenews-Erkenner; anderseits alle anderen, die entweder nicht willens sind, oder die über keinen gesunden Menschenverstand verfügen, oder weil sie einfach nicht „liberal“ sind und naiv alles glauben, „solange das ihr Weltbild bestätigt“.

    6. Was heisst denn das, liberal?
    „Am Ende ist jeder Einzelne von uns selber verantwortlich, wir entscheiden, welche Bedeutung wir einer Nachricht beimessen, wir wir diese interpretieren und wie wir uns von ihr beeinflussen lassen.“ – Aha. Wir alle sind gleichermassen verantwortlich. Jeder Einzelne.
    Aber es scheint auch unverantwortliche Zeitgenossen zu geben. Denn „ob der Wille zum kritischen und reflektierten Lesen vorhanden ist, muss jeder für sich selbst entscheiden“. Das lässt vermuten, dass solche Leute, die sich dem „kritischen und reflektierten Lesen“ verweigern, unverantwortlich und anti-liberal sind. Passt das denn zum Credo, jeder sei selber verantwortlich?

    Antithese: Es gibt diese so zweigeteilte Welt nicht. Sie ist eine Illusion. Jeder übernimmt gleichermassen die Verantwortung. Alle wenden ISAQ schon lange an. Alle sind Fakenews-Erkenner. Die gleiche Nachricht kann mit ISAQ in der einen Blase als Fakenews entlarvt werden, währenddessen sie in einer anderen Blase mit Anwendung von ISAQ als glaubwürdig eingestuft.

    Wie kann das sein? Ich meine, der Angelpunkt liegt letztlich in der Relevanz einer Nachricht. In der ISAQ-Anleitung fehlt dieser Begriff. Aber zum Verständnis einer Nachricht scheint mir nicht nur deren Ursprung und Sender entscheidend, sondern vielmehr auch der Empfänger, dessen Perspektive und dessen Weltbild. Er entscheidet über die Relevanz, und das beeinflusst letztlich sein Verständnis. So kann es vorkommen, dass die gleiche Nachricht bei verschiedenen Empfängergruppen unterschiedlich verstanden werden, weil es für sie aus unterschiedlichen Beweggründen relevant ist.

    Beispiel: FBI-Untersuchung wegen Hillarys Email-Umang. Die einen beschäftigten sich mit (unzähligen) Fakten, ISAQ-orientiert, und sie entlarvten viele Fakenews. Das bestätigte ihr Weltbild. Die anderen interessierten sich weniger für die Emails oder allenfalls gefälschte Fakten (irrelevant) als vielmehr für die holywoodreife und unterhaltsame Geschichte mit der Botschaft „sperrt sie ein!“. Sie wollten Unterhaltung, und sie hatten grossen Spass, ihre Gegnerin zu zeukeln. Aber auch diese Trump-Anhänger ordneten schliesslich die für sie relevanten Fakten ISAQ-orientiert. Nur gewichteten sie die Dinge anders. Es fehlte ihnen weder am Willen noch am gesunden Menschenverstand.

    Vielmehr fehlt offenbar den „Medienschaffenden, Experten und der liberalen politischen Elite“ das Verständnis für die Wahrheiten der Trump-Anhänger. Aber das wäre schliesslich vorallem deren eigenes Problem. Und auch hier kann ISAQ helfen. 😉

    Dem ISAQ-Verfahren „liegt ein relativer Wahrheitsbegriff zu Grunde, d.h. der Wahrheitsgehalt einer Aussage ist relativ und abhängig von verschiedenen Faktoren, welche berücksichtigt werden“.

    Ich meine allerdings, der Faktor Relevanz wurde zuwenig berücksichtigt. Vorallem der Umstand, dass nicht der Autor sondern der Leser (liberal-eigenverantwortlich) einer Nachricht darüber entscheidet, ob und was für ihn relevant ist. Nicht nur der Wahrheitsgehalt sondern auch die Semantik einer Aussage hängen letztlich vom Weltbild und der Perspektive nicht nur des Senders sondern gleichermassen auch des Empfänger ab. In dem Sinne ist Wahrheit relativ. Es gibt nicht die eine Wahrheit, sondern soviele Wahrheiten wie Leser und Beziehungen untereinander. Jeder lebt in seiner eigenen Blase.

    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ontologischer_Relativismus

    Fazit: Der Herausforderung an ISAQ scheint mir darin zu liegen, das Verfahren auf diejenigen anderen anzuwenden, die „vom Rest der Welt unbemerkt“ in irgendwelchen Parallelblasen leben. Und zwar unter der Annahme, dass es Fakenews nur relativ zur eigenen Blase gibt. Die Frage wäre demnach, wie es solche „Fakenews“-Nachrichten in der jeweils anderen Blase schaffen, den ISAQ-Test zu bestehen? Welches Verständnis, welches Weltbild und welche Perspektiven liegen den Empfängern zu Grunde? Für uns sind es Fakenews, aber denen erscheint alles logisch, „klar und stringent formuliert“. Wie machen die das? Nehmen wir an, dass uns allen eine Art ISAQ-Talent angeboren ist, und wir dieses Fakenews-Erkennungsprogramm von Natur aus ständig eigenverantwortlich anwenden. Meistens unbewusst. Die Wahrheit ist relativ. Filterblasen bilden solche Relationen zwischen verschiedenen Wahrheiten ab. In diesem Sinne scheint mir tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Fakenews und Filterblasen gegeben. Bewusst angewandtes ISAQ könnte helfen, den bisher unbemerkten Rest der Welt zu erkennen, und so letztlich die eigene Blase zu verlassen. Nicht indem man seine Filterblase dekonstruiert, sondern indem man sie aufbläst. Wenn man denn tatsächlich seinen gesunden Menschenverstand dermassen anstrengen will.

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